In vielerlei Hinsicht sind Produktionsplattformen die logische Konsequenz der bestehenden Trends zum Outsourcing und zur fabrikationslosen Produktion. Die Hersteller trennen seit Jahren zunehmend Produktdesign und Marketing vom eigentlichen Produktionsprozess.
Ein Schlüssel zur Skalierbarkeit ist dabei für alle Unternehmen die automatische Bewertung, ob ein Teil mit einem Verfahren und zu welchem Preis hergestellt werden kann. Dies wird als „Herstellbarkeitsanalyse“ bezeichnet und nimmt einen großen Teil der Forschung und Entwicklung der Plattformanbieter ein. Die Geometrieanalysatoren geben dem Kunden sofortige Rückmeldung zur Herstellbarkeit und schlägt die besten Verfahren auf der Grundlage des Teiledesigns vor. Quote-X.com bietet eine „Instant Quoting Software“ (also adhoc Preisbildung), die Fertigungs-Feedback, Vorlaufzeiten und Preise mit einem inkludierten Konfigurator verbindet, in dem der Kunde sein Teil spezifizieren und die Auswirkungen auf den Preis direkt zurück erhält. Er kann also so lange an den Parametern drehen, bis sich eine Preis-Leistungsrelation ergibt, die für ihn passend ist.
Diese Herstellbarkeitsalgorithmen sind tendenziell von gleicher strategischer Bedeutung für den Maschinenbau und die Fertigung wie der Suchalgorithmus von Google. Zum einen können sie durch BigData Modelle stetig verbessert werden, basierend auf der Erfahrung der Plattform bei vielen Herstellern und Bauteilen. Zum anderen können sie die Effizienz des Produktentwicklung erhöhen, da die Konstrukteure nun bereits vor der Herstellung von Prototypen sofortiges Feedback zur Machbarkeit und zu den Kosten erhalten.
Drittens, und vielleicht am wichtigsten, kann ein Gründer oder ein kleines Unternehmen, das zum Beispiel in Cottbus startet, jetzt potenziell die die globalen Möglichkeiten der Fertigungsplattformen erschließen. Dies ist etwas, das vorher so nicht ganz einfach möglich war.
Aber auch für die Fertiger ergeben sich viele Möglichkeiten auch als kleines Unternehmen am weltweiten Bedarf an industriell hergestellten Bauteilen zu partizipieren. Welche 3-Mann Firma hätte schon ein Prototypenprojekt in Island oder Portugal akquirieren können? Das Internet bietet hier die Chance, spezifisches Wissen einem globalen Käuferkreis vorzustellen und auch seine Maschinenkapazitäten mit Online-Aufträgen auszunutzen.
Das sich das Ganze auch nicht nur auf den Maschinenbau beschränkt, zeigen Firmen wie Unmade aus London. Die Firma bietet Online-Konfiguratoren für die Textilbranche an, in denen der Kunde sein Design in fast unbeschränkter Höhe anpassen kann. Ein schönes Beispiel für Digitalisierung in der Fertigung.
Tatsache ist, dass wir nicht wissen, welche Herstellungsplattformen die Gewinner sein werden, so wie es im Vorfeld nicht klar war, welches soziale Netzwerk die Nase vorn haben wird, oder welches Unternehmen das beste Betriebssystem für Smartphones erfinden wird. Aber wir wissen, dass die B2B-Produktionsplattformen eine wesentliche Triebkraft für den Boom der digitalen Fabrik in den nächsten zehn Jahren sein werden.